Ernährung ist in einer Familie mit kleinen Kindern ein heiß diskutiertes Thema. Es beginnt quasi in der Schwangerschaft mit: Was darf Frau noch essen, geht in der Stillzeit nahtlos weiter („Bloss kein Kohl!!“) und spätestens sobald die lieben Kleinen den ersten Brei essen, wird aus der täglichen Nahrungsaufnahme eine Philosophie. Von der makrobiotischen oder veganen Ernährung bis „Wir sind doch auch mit guter Hausmannkost groß geworden“ ist alles dabei. Hier den „richtigen“ Weg für sich und seine Familie zu finden, kann ganz schön anstrengend sein. Jeder Ernährungstyp hat seine Vor- und Nachteile, aber schlussendlich entscheidet jede Familie für sich, wie gekocht wird. In den letzten Wochen habe ich mich mit dem Thema Fleisch auf unserem Speiseplan beschäftigt und nicht alles, was ich erfahren habe, hat mich begeistert.
Fleisch essen- oder doch lieber nicht?
Unsere Familie gehört zum Typ „vollwertige Ernährung mit Fleisch“. Ich bewundere Menschen, die es schaffen sich komplett vegetarisch oder vegan zu ernähren – ich halte es nicht durch und meine Familie davon zu überzeugen, dürfte auch schwierig werden. Wir essen einfach gerne auch mal ein gutes Stück Fleisch. Zum einen schmeckt es uns und es ist sättigend, ein guter Vitamin B- und Eisenlieferant und hat einen hohen Gehalt an essenziellen Aminosäuren (Quelle: DGE). Außerdem liefert es uns die größte Menge an Mineralstoffen in unseren (unverarbeiteten) Nahrungsmitteln. Es hat also durchaus Vorteile, Fleisch zu essen und der Verzehr ist auch nach wie vor von der DGE empfohlen.
Für mich habe ich trotzdem entschieden, weniger Fleisch und Wurst zu essen und vegetarische Alternativen auszuprobieren, denn zuviel Fleisch ist nicht gesund. Der Fleischkonsum ist laut Studien bei den meisten Menschen zu hoch: die DGE empfiehlt zwischen 300-600g Fleisch und Wurst in der Woche im Rahmen einer vollwertigen Ernährung. Leider essen wir Deutschen nach wie vor mehr als diese empfohlenen Mengen. Bis zu 1kg Fleisch pro Woche wird in Deutschland laut der DGE verzehrt, also in etwa doppelt so viel, wie empfohlen. In Kombination mit wenig Bewegung führt das langfristig zu mehr Hüftgold und kann dazu auch noch Probleme für die Nieren, das Herz-Kreislaufsystem und den Calciumstoffwechsel haben.
Im Ernährungsplan für Kinder sieht es im übrigen ähnlich aus: Fleisch bzw. allgemein tierisches Eiweiß ist für das Wachstum und die körperliche Entwicklung unserer Kinder wichtig. Trotzdem sollten auch sie es nur in moderaten Mengen essen, denn Übergewicht und Herz-Kreislaufprobleme gefährden auch ihre Gesundheit. Empfohlen werden zwei bis drei Fleischmahlzeiten pro Woche, ein mal Fisch und täglich drei Portionen Milch. Wurst muss es, wie bei uns Erwachsenen auch, nicht täglich geben. Im Vorschulalter wird eine wöchentliche Fleischmenge von etwa 300g angegeben, Schulkinder sollen schon ca. 400g pro Woche essen und für Jugendliche ab ca. 13 Jahren gilt bereits der Durchschnittswert von ca. 500g wie für Erwachsene. Detailliertere Angaben dazu findest Du z.B. unter Kindergesundheit-info.de, Infodienst Landwirtschaft – Ernährung oder Was wir essen.
Aber nicht nur die Menge macht’s, sondern auch welches Fleisch wir essen. Empfohlen wird, hauptsächlich weißes Fleisch, sprich: Geflügel, zu essen und rotes Fleisch (Rind, Schwein und Schaf) seltener in den Speiseplan aufzunehmen. Das hat einen guten Grund, denn rotes Fleisch steht im Verdacht die oben genannten Risiken zu bergen, während der Verzehr von Geflügel den Risikofaktor nicht erhöht. Unabhängig von der Fleischfarbe sollte man besonders auf die Qualität des Fleisches achten – denn durch die Menge des benötigten Fleisches weltweit sind die Haltungs- und Futterbedingungen heutzutage vielfach miserabel. Die Tiere werden in Massentierhaltungen aufgezogen und sehen u.U. nie im Leben eine grüne Wiese. Gefüttert wird mit Kraftfutter und Soja, für dessen Anbau z.B. in Südamerika immer mehr Regenwald gerodet werden muss, um ausreichende Mengen produzieren zu können. Und das hat wiederum Auswirkungen auf den Klimawandel. Aber auch hier in Deutschland wird in weiten Landstrichen Getreide nur noch für die Futtermittelindustrie angebaut, um den deutschen Fleischverzehr zu ermöglichen. Massentierhaltungen haben zudem den Nachteil, dass die Tiere aufgrund von gegenseitigem Beißen und Picken vermehrt mit Antibiotika behandelt werden müssen, welches später auf unserem Teller zu finden ist und uns gegenüber diesen Medikamenten unempfindlich macht. Die Quittung bekommen wir dann, wenn immer mehr Antibiotika bei uns im Bedarfsfall nicht mehr anschlagen. Da kann einem der Appetit vergehen. Artgerechte Haltung geht anders und das Tierwohl hat in diesen Betrieben wohl kaum mehr einer im Sinn.
Fleischkonsum ja – aber bewusst
Was kann man also tun, wenn man, wie wir, nicht auf Fleisch verzichten möchte?
- Weniger Fleisch auf den Tisch bringen, aber dafür qualitativ hochwertiges. Wir brauchen nicht jeden Tag Braten, Bratwurst und Hähnchenbrust zum Mittag auf den Teller oder mehrere Scheiben Aufschnitt abends aufs Brot. Unter der Woche gibt es Mittags selten Fleisch und wenn, dann Geflügel. Am Wochenende darf es dann gerne der Sonntagsbraten sein oder eben Bratwurst oder ein Geschnetzeltes.
- Aufschnitt muss es nicht in rauen Mengen auf dem Tisch geben, vegetarische Alternativen finden sich immer mehr. Zum Beispiel Brotaufstriche aus Tomate und Mozzarella, Paprika und Cashewkernen oder Fisch schmecken lecker und bringen Abwechslung. Käse darf da natürlich auch nicht fehlen, aber auch in kleinen Mengen. Soll es doch ein Aufschnitt sein, gibt es mittlerweile sehr viele Sorten Geflügelaufschnitt und Geflügelwurst, die den traditionellen Sorten geschmacklich in nichts nachstehen.
- Fleisch sollte etwas besonderes auf dem Speiseplan sein und bleiben. Komplett vegetarische Tage in der Woche reduzieren zum einen die wöchentliche Gesamtverzehrmenge von Fleisch und lassen den Genuss beim Fleischessen wieder in den Vordergrund treten. Denn zum gedankenlosen Verschlingen ist es zu schade und zu teuer. Zudem wird der Natur und ihrer Gaben damit wenig Ehrerbietung dargebracht.
- Bei Fleisch- und Wurstkauf sollte man darauf achten, wo das Fleisch herkommt und wie es produziert wurde. Am einfachsten geht das, wenn man Biofleisch kauft. Das Bio-Siegel bekommt ein Lebensmittel nur, wenn es den EU Öko Verordnungen genügt. Hier ist z.B. geregelt, welche Zusatzstoffe erlaubt oder verboten sind, wie die Tierhaltung auszusehen hat oder welcher Herkunft die Zutaten sein müssen. In Deutschland gibt es, neben dem europäischen und dem deutschen staatlichen Siegel noch einige weitere private Bio-Siegel, die in ihren Auflagen noch wesentlich weitergehen als die europäische Verordnung vorsieht (z.B. Demeter oder Naturland).
- Oder man kauft sein Fleisch mal nicht im Supermarkt, sondern beim Fleischer seines Vertrauens. Die wissen im Allgemeinen, wo ihr Fleisch herkommt, wie die Tiere gehalten wurden oder was in der Wurst so alles drin ist. Leider sind Fleischereifachgeschäfte immer seltener geworden, da sie gegen die Supermärkte meist nicht mehr bestehen können. Wer weiter im Supermarkt Fleisch kaufen möchte, kann sich über eine spezielle Nachverfolgungs-ID (Tracebility Code) über die verschiedenen Stationen informieren, die das Fleisch vom Bauern bis zur Fleischtheke gegangen ist. Diese Nummern muss der Handel zur Verfügung stellen und sie können über das Internet abgefragt werden. Leider sind die Produktionsketten meist noch lückenhaft, da insbesondere viele kleine Unternehmen sich die Technik oder aber den Mehraufwand nicht leisten können – Gesetzt hin oder her.
- Zweimal in der Woche sollte auch Fisch, das „Fleisch“ aus dem Meer, auf dem Speiseplan stehen – für den der mag natürlich. Bei Kindern kann das schon mal schwierig werden, aber Fischstäbchen gehen eigentlich immer (und das auch in der selbstgemachten Variante). Auch bei Fisch gilt: hinschauen, welchen Fisch (unabhängig von der Sorte) man kauft. Die Überfischung der Meere und auch hier die Massentierhaltung in Gefangenschaft machen den Fischkauf zu einem ähnlich komplizierten Unterfangen. Ein guter Hinweis bietet das blaue MSC Siegel (Marine Stewardshop Council), das Fisch und Meeresfrüchte aus nachhaltiger Fischerei zertifiziert.
Wie handhabt ihr euren Fleisch- und Fischkonsum am Familientisch? Hast Du noch einen weiteren Tipp?
In diesem Sinne alles Gute und bis bald
Anja